Mittwoch, 8. Oktober 2025, 18 Uhr
Universität Hamburg, Von-Melle-Park 6 („Phil-Turm“), Hörsaal A
Dass „wir“ Trump nicht leiden können, ist in Deutschland und Europa ausgemachte Sache in den etablierten Kreisen von Politik und Öffentlichkeit. Letztere bewährt sich darin, alle Register der Hetze zu ziehen, mit der sie bisher eher die Unholde östlicher und südlicher Weltgegenden dem Publikum zwecks herzlicher Verachtung nahegebracht hat.
Das nehmen die Vertreter der wirklichen Politik gern zur Kenntnis — zum Leitfaden ihres Umgangs machen sie diese Hetze aber nicht: Sie üben sich in berechnendem Opportunismus, wenn sie mit Trump zu tun haben, und geben damit den parteilichen Kommentatoren die teilnahmsvoll idiotische Frage auf, ob sie das mehr als Klugheit feiern oder als Eingeständnis von Machtlosigkeit peinlich finden sollen. An Trump stören eben in Wirklichkeit nicht die ihm nachgesagten Untugenden, sondern der Inhalt seiner Politik und die Macht, mit der er diese verfolgt.
Darum will unser Vortrag auf die imperialistische Konsequenz aufmerksam machen, die in Trumps Bruch mit den Verkehrsformen und Rechnungsweisen der bisherigen Weltwirtschaftsordnung steckt. Das erpresserische Eintreiben von Tribut bei allen Handelspartnern ist seine Antwort auf den Widerspruch der globalen Konkurrenzordnung zum Nutz und Frommen des einen, sie stiftenden Konkurrenten. Und er kann das wegen der ungeheuren Leistung, die die vielgerühmte „regelbasierte Weltwirtschaft“ für ihren amerikanischen Urheber erbracht hat.
Kriegsgebeutelte Völker hin oder her: Die liebenswerte europäische Mittelmacht Deutschland ist ebenfalls ein Leidtragender der Kriege in Osteuropa und Nahost.
In Bezug auf den Ukraine-Krieg lässt der Machtwechsel in Washington alle kriegerische Entschlossenheit deutscher Politiker ins Abseits laufen. Sie wollen zwar weiterhin die Ukraine dafür verschleißen, dass ihr Europa zur Kontinentalmacht aufwächst. Aber alles Geld und alle Waffen, die sie dafür spendiert haben, erweisen sich nicht länger als Investitionen in solch eine goldene Zukunft, sondern als vertaner Aufwand: Trumps Absage an den US-Krieg gegen Russland zerstört die schöne Perspektive, unter amerikanischer Führung Russland als kontinentalen Rivalen zu entmachten und gleichzeitig Deutsch-Europa als kontinentale Vormacht zu etablieren. Wie bedauerlich.
Und was Nahost angeht, kann alle erklärte Solidarität mit Israel, alle vorbehaltlose Unterstützung für dessen Krieg gegen die Hamas, können alle Verrenkungen zur Rechtfertigung des unentwegt fortschreitenden Zerstörungswerks in Gaza nicht verdecken, dass der höhere Sinn dieser Parteinahme für Deutschland ausbleibt: Es gewinnt einfach keinen strategischen Einfluss und Zugriff auf die Gewaltlage vor Ort. Das vermag stattdessen wieder allein Trumps Amerika. Und das tut es explizit nicht als Dienst an seinen europäischen Partnern. Im Gegenteil: Die einstige transatlantische Allianz, unter der deutsche Politiker den imperialistischen Aufstieg ihrer Nation betrieben haben, finden die USA inzwischen eher unerheblich bis lästig. Wie bedauerlich.
Aber tüchtige deutsche Patrioten geben nicht auf. Sie versuchen, auch aus Bedingungen, die sie sich fürs Erste schlicht gefallen lassen müssen, doch noch das Beste für ihre Nation zu machen. Immerhin haben sie das Regiment über ihr Volk. Dem sagen sie die Opfer an, die es bringen muss, damit die Nation nicht zum Opfer der neuen Weltlage wird. Und insofern Kritik daran ganz in der Sorge ums weitere Gelingen des deutschen Machtaufwuchses aufgeht, ist diese Zukunftszugewandtheit regierender Imperialisten weder perspektiv- noch mittellos.
Deshalb kümmert sich der GegenStandpunkt auch in dieser Ausgabe darum, dass die fällige Kritik wenigstens theoretisch stattfindet.
Inhaltsverzeichnis Gegenstandpunkt 3-25:
NATO-Gipfel, Schottland-Deal, Alaska-Treffen mit Nachspiel in Washington
Anmerkungen zu drei weltpolitischen Events, das Verhältnis der USA zu ihren europäischen Alliierten betreffend
Was Deutschland bewegt
Der Fall Brosius-Gersdorf : Von der Verfassungsrichterwahl zur Koalitionskrise
1. Die demokratische Kunst der Diskreditierung unliebsamer Kandidaten
2. Der politische Kern: Der Staat greift in die Schwangerschaft seiner Frauen ein
3. Der Kampf der Frommen und Rechten in der Union um die gebotene nationale Sittlichkeit
4. Die Sollbruchstelle innerhalb der Union
K. Reiche: Eine Top-Besetzung für das Wirtschaftsministerium
Die Rettung der deutschen Volksseele – vor den Vertretern eines verfassungsfeindlichen Volksbegriffs und vor unerwünschten Ausländern
Apropos „Drecksarbeit“
Berliner Kriegshetze
Trump im Spiegel der seriösen deutschen Öffentlichkeit
Vom Zeichnen einer Karikatur des Präsidenten zur opportunistischen Kritik seiner Macht
Trump, von ‚ökonomischer Vernunft‘ keinen blassen Schimmer
Trump, ein zynisches Machtvakuum
Trump, Putins Marionette
Trump, Sargnagel der schönen ‚regelbasierten‘ Weltordnung
Trump, ein Psycho
Trump gegen Musk
G7-Gipfel
Merz zu Besuch bei Trump
* Chronik eines angekündigten Friedens
Trumps 12-Tage-Krieg in Nahost
1. Eine traditionell herzliche Feindschaft: Die USA, die Islamische Republik Iran und ihr Atomprogramm
2. Die inzwischen auch schon traditionelle Kritik Trumps an seinen Vorgängern: falsche Zwecke schwächlich verfolgt
3. Die andere Hälfte einer feindseligen Dreierbeziehung:
Israels Feindschaft zu Iran und seine (anti)nukleare Allianz mit den USA
4. Ein schönes Stück Diplomatie: Bilaterale Verhandlungen über beidseitig Unverhandelbares
5. Trump lässt Ernst machen: Israels „Rising Lion“ und Amerikas Stellung und Beitrag dazu
6. Trump macht selbst Ernst – und Schluss: Amerikas „Midnight Hammer“ geht auf Irans Atom- und Israels antiiranischen Zerstörungsambitionen nieder
7. Trumps Frieden macht aus dem Israel-Iran-Krieg Amerikas 12-Tage-Krieg: „CONGRATULATIONS TO EVERYONE!“
US-Militärstrategie im Indopazifik
Amerika sichert den Weltfrieden – mit einem perfekten Weltkriegsszenario gegen China
Der Indopazifik: Exklusiver Besitzstand der USA …
… von China zunehmend bestritten
Die Antwort der USA: Frieden durch Stärke
Die strategische Auftragslage: Die Verwandlung des Indopazifik in einen Kriegsschauplatz, der a priori den Sieg im militärischen Kräftemessen garantiert
Die strategische Hauptsache: Kriegsplanung gegen eine Atommacht
Die Präparierung des konventionellen „war theater“: Operationsräume, Stützpunkte und Kriegsmittel für Eskalationsdominanz in allen denkbaren Szenarios
Bündnispartner und Verteidigungsnetzwerke: Amerikas „größter asymmetrischer Vorteil“
Solche und solche Bündnispartner
Taiwan: Streitobjekt, Kriegsanlass, Kriegsschauplatz
Japan: mächtiger Baustein in der Abschreckungsfront
Südkorea: Flankensicherung gegen den Hauptfeind durch Abschreckung Nordkoreas
Die Philippinen: ein schwacher, verlässlicher Partner in bester Lage
Australien: südlicher Eckpfeiler des Kriegsschauplatzes
Indien: ein enorm wichtiger, aber sperriger Partner
Manöver als Dauereinrichtung: notwendiges Element der aktiven Abschreckung
Russlands Kriegswirtschaft
I. Staatlicher Rüstungsbedarf und seine Konsequenzen für die etablierten Markt- und (Re)Produktionsverhältnisse
II. Materielle Grundlage der Kriegswirtschaft und die Wirkungen des Sanktionsregimes
Ererbte und ausgebaute Industriepotenzen, Verfügung über natürliche Reichtümer und die Resultate der Teilnahme am Weltmarkt
Das westliche Sanktionsregime und seine Folgen
III. Geld- und Kapitalbedarf für eine leistungsfähige nationale Kriegsökonomie
IV. Die staatliche Geldbeschaffung …
… durch Besteuerung der nationalen Kapitalakkumulation
… durch Mobilisierung des Nationalkredits
V. Zerrüttung und Bewährungsprobe des russischen Kriegskapitalismus
Nachtrag zur „Konkurrenz der Kapitalisten“ und Vorblick auf die „Lohnarbeit“
Zum ‚notwendig falschen Bewusstsein‘ der ‚Charaktermasken‘ der kapitalistischen Produktionsweise
Inwiefern falsch
Inwiefern notwendig
Inwiefern Bewusstsein
Die Praxis: Die Welt der Konkurrenz
In Hamburg ist der GegenStandpunkt u.a. erhältlich bei:
Buchhandlung im Schanzenviertel, Schulterblatt 55
Kurt Heymann, Eppendorfer Baum 27 ·
Axel Lüders, Heußweg 33 ·
Freiheit & Roosen / HAFENSCHLAMMREKORDS – Kleine Freiheit 80
Copyshop Adupuc, Grindelallee 32
Hauptbahnhof / Bahnhof Altona und Airport Hamburg
Im Wendland: Buch und Musik, Am Markt 3, 29456 Hitzacker
Der GegenStandpunkt kann auch im Buchhandel oder direkt beim Verlag bestellt werden:
GegenStandpunkt Verlagsgesellschaft, Kirchenstraße 88, 81675 München
ISSN 0941-5831, € 15.
Die „illegale“ Migration – ein Produkt staatlicher Rechtsgewalt
Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 16. September 2025, 19 Uhr
Centro Sociale, Sternstraße 2, 20357 Hamburg (St. Pauli)
• „Kein Mensch ist illegal“ war einmal das Motto des Protests gegen den schäbigen Umgang des Staats mit Flüchtlingen, die nach verbreiteter Auffassung hier „bei uns“ rein gar nichts zu suchen haben. Der Einspruch geht an der deutschen Migrationspolitik gründlich vorbei: Die fußt ja gerade darauf, dass Menschen längst per staatlicher Gewalt in In- und Ausländer sortiert und demgemäß ihrer „nationalen Identität“ unterworfen sind; folglich deutsche Migrationspolitiker in den Flüchtlingen, die hier ungebeten anlanden, auch nichts anderes ausmachen, als das was sie aus ihnen machen: Ausländer.
• Als Inländer soll man sich auf das Recht etwas einbilden, das Ausländern per se nicht zusteht: Die staatliche Erlaubnis, sich hier überhaupt aufhalten zu dürfen. Das Recht auf die pure Existenz innerhalb deutscher Staatsgrenzen nehmen die wenigsten als das, was es ist: nämlich die Art und Weise, wie der Staat sich die unter seiner Herrschaft lebenden Menschen als sein Volk zuordnet, über das allein er seine Rechtsgewalt ausübt, und damit den Rest der Menschheit als auswärtige Staatsangehörige ausgrenzt.
• Entschieden näher liegt Einheimischen die Auffassung, dadurch mit einem Vorrecht ausgestattet zu sein, das im Grunde keinem Ausländer zusteht; auch wenn die – nicht anders als jeder Deutsche – versuchen, sich in und gemäß den herrschenden Lebensbedingungen irgendwie durchzuschlagen. Nicht wenigen wird das sogar genehmigt: Im übergeordneten Interesse am grenzenlosen Wachstum ihrer kapitalistischen Wirtschaft organisieren die staatlichen Behörden den Nachschub an fremden Arbeitskräften, nach dem die unternehmerische Vermehrung des Geldreichtums verlangt.
• Das sind dann die „regulären“ Migranten, bei denen keinen Augenblick vergessen wird, dass es sich dabei immer noch um fremde Staatsbürger handelt. Bei „denen“, die ohne staatliche Bestellung trotzdem hier sind, werden die Migrationspolitiker so richtig rabiat. Sie stellen aufs Gröbste klar, was ihre Definition „illegal“ bedeutet. Mit übelster Hetze und unter Aufbietung aller geeigneten Rechts- und Gewaltmittel lassen sie nichts aus, um Flüchtlingen den Aufenthalt hier so unerträglich zu machen, dass denen allemal lieber ist, dahin zurückzukehren, wo sie herkommen; und am Besten von Anfang an bleiben sollen.
• Ihre Politik färben Typen wie der christliche Innenminister erst gar nicht schön. Sie bekennen sich ausdrücklich und stolz zum ersten Gebot ihrer Migrationspolitik und präsentieren ihre widerwärtige Behandlung der Flüchtlinge bei passender Gelegenheit gerne als Dienst am Volk; ganz im Sinne des exklusiven Vorrechts, von Ausländern, den „Illegalen“ zumal, nicht gestört zu werden. Wobei – ob beim Einkauf bei Aldi oder bei der Arbeit im Dienst an der Vermehrung fremden Reichtums, ob beim Mietezahlen oder Sozialhilfebezug – ist dann völlige Neben- zur Hauptsache, ganz unter sich als Deutsche zu bleiben.